Wahrscheinlich haben Sie die kleinen Solaranlagen an den Balkonen auch schon bemerkt. Balkonkraftwerke erfreuen sich wachsender Beliebtheit, da sie es ermöglichen, auf einfache Weise erneuerbare Energie zu nutzen und Stromkosten zu senken. Insbesondere in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) stellt sich jedoch die Frage, ob die Installation dieser Mini-Photovoltaik-Anlagen, wie sie auch genannt werden, ohne weiteres zulässig ist oder ob die Gemeinschaft ein Mitspracherecht hat.
Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen dieser Art der Solaranlagen, die Rolle der Eigentümerversammlung und gibt praktische Tipps zur Konfliktlösung.
Inhaltsverzeichnis
In welchem rechtlichen Rahmen bewegen wir uns bei einem Balkonkraftwerk?
Was sagt das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) zur Mini-Solaranlage?
Das Wohnungseigentumsgesetz regelt die Rechte und Pflichten innerhalb einer WEG. Mit der Gesetzesänderung vom 17. Oktober 2024 wurden Balkonkraftwerke in den Katalog der privilegierten baulichen Veränderungen aufgenommen, auf deren Genehmigung Wohnungseigentümer einen rechtlichen Anspruch haben. Dies bedeutet, dass die Installation solcher Anlagen nicht ohne triftigen Grund verweigert werden kann.
Quelle: Haufe
Sind Balkonkraftwerke bauliche Veränderungen?
Es gilt also: Ja, Balkonkraftwerke gelten als bauliche Veränderungen, da sie das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes beeinflussen und mit dem Gemeinschaftseigentum verbunden sind. Durch die Gesetzesänderung sind sie jedoch privilegiert, was bedeutet, dass Wohnungseigentümer einen Anspruch auf deren Installation haben, sofern keine triftigen Gründe dagegensprechen.
Quelle: Haufe
Wer muss einem Balkonkraftwerk zustimmen?
Obwohl der Wohnungseigentümer einen Anspruch auf die Installation eines Balkonkraftwerks hat, muss die Eigentümergemeinschaft dennoch darüber informiert werden. Dies ist im WEG-Gesetz geregelt. Eine Genehmigung ist in der Regel erforderlich, da Balkonkraftwerke das Gemeinschaftseigentum betreffen können – etwa die Außenfassade oder die Strominfrastruktur.
Schritte zur Genehmigung eines Balkonkraftwerks
Um die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft für ein Balkonkraftwerk zu erhalten, ist ein gut vorbereiteter Antrag entscheidend. Eine sorgfältige Planung und transparente Darstellung der wichtigsten Punkte können den Prozess erheblich erleichtern. Dabei hilft es, sachliche Erläuterungen zu den Vorteilen des Balkonkraftwerks vorzulegen, ergänzt durch technische Details wie die Leistung des Wechselrichters und die Modulgröße. Besonders wichtig ist die Betonung der optischen Einheitlichkeit, beispielsweise wenn mehrere Einheiten der Solaranlage von denselben Anbietern installiert werden. Auch eine Beispielrechnung zur Amortisation sowie eine Skizze oder ein Plan der Installation können den Eigentümer überzeugen.
Ein vollständiger Antrag sollte folgende Elemente enthalten:
- Beschreibung des Vorhabens: Was genau soll installiert werden, und welche Vorteile bietet das Balkonkraftwerk?
- Technische Details: Angaben zu Modulen, Wechselrichtern, Leistung (in kW) und weiteren Komponenten der Solaranlage.
- Geplante Befestigungsmethoden: Wie und wo wird die Anlage montiert (z. B. an der Balkonbrüstung)?
- Elektroinstallationen: Wie wird die Anlage ins Stromnetz eingebunden, und wer führt die Arbeiten aus?
- Einfluss auf das äußere Erscheinungsbild: Wie fügt sich das Balkonkraftwerk in die bestehende Fassade ein, und werden die optischen Vorgaben der Gemeinschaft eingehalten?
Tipp:
Ein überzeugender Antrag zeigt nicht nur den Nutzen der Anlage auf, sondern vermittelt auch Sicherheit. Hinweise auf eine professionelle Installation und die Einhaltung technischer Standards können Unsicherheiten innerhalb der Gemeinschaft ausräumen. So wird der Weg zur Genehmigung deutlich erleichtert.
Die Eigentümerversammlung entscheidet über den Antrag. Ein Beschluss kann erforderlich sein, jedoch darf die Gemeinschaft die Installation nur verweigern, wenn erhebliche Interessen der Gemeinschaft beeinträchtigt werden, z. B. durch:
- Optische Beeinträchtigungen, die über das zumutbare Maß hinausgehen,
- Gefahren für die Gebäudesicherheit, etwa durch unsachgemäße Installation,
- Beeinträchtigungen der Funktionalität des Gebäudes, wie Überlastung der Stromnetze.
Ausnahmefälle
Wenn das Balkonkraftwerk so installiert wird, dass es weder das Gemeinschaftseigentum nutzt, noch das Erscheinungsbild des Gebäudes verändert – etwa im Innenbereich des Balkons –, könnte die Installation auch laut Gesetz ohne Genehmigung erfolgen. Dennoch wird empfohlen, die Gemeinschaft zu informieren, um Streitigkeiten zu vermeiden.
Während in Ausnahmefällen die Regeln oft eindeutig sind und kaum Raum für Konflikte lassen, wird die Installation eines Balkonkraftwerks in den meisten Situationen zu einem Thema, das die Interessen der gesamten Eigentümergemeinschaft betrifft. Hier lohnt sich ein genauer Blick auf die Argumente für und gegen die Installation, um eine Entscheidung zu treffen.
Gründe für und gegen die Installation eines Balkonkraftwerkes
Argumente für Balkonkraftwerke
Balkonkraftwerke sind ein Schritt in Richtung Klimaschutz und bieten zahlreiche Vorteile:
Umweltfreundlichkeit: Sie fördern die Nutzung erneuerbarer Energien und tragen zur Reduzierung von CO₂-Emissionen bei.
Kosteneffizienz:
Eigentümer können ihre Stromkosten durch den Eigenverbrauch senken.
Einfache Installation: Moderne Balkonkraftwerke lassen sich oft ohne größere bauliche Eingriffe montieren.
Argumente gegen Balkonkraftwerke
Trotz der Vorteile gibt es auch Gründe, die gegen Balkonkraftwerke sprechen können:
Optische Beeinträchtigungen: Insbesondere in ästhetisch einheitlich gestalteten Gebäuden könnten sichtbare Solarmodule als störend empfunden werden.
Sicherheitsbedenken: Unsachgemäße Montage oder minderwertige Geräte könnten Schäden am Gebäude verursachen.
Technische Herausforderungen: Die Integration in bestehende Stromsysteme könnte Probleme bereiten, insbesondere bei älteren Gebäuden.
Tipps zur Konfliktlösung
Wie Sie als Eigentümer Ihre Wünsche durchsetzen können
Für Eigentümer, die ein Steckersolargerät installieren möchten, ist eine offene und transparente Kommunikation entscheidend. Der Antrag sollte gut vorbereitet und technische Details wie Größe, Installationstechnik und Sicherheitsvorkehrungen enthalten. Es ist hilfreich, mögliche Bedenken der Eigentümergemeinschaft anzusprechen und Kompromisse anzubieten.
Lösungsansätze für die Gemeinschaft
- Festlegen von Standards: Die Gemeinschaft kann Regeln zu Größe, Design und Befestigung von Balkonkraftwerken aufstellen.
- Einsatz von Experten: Die Installation durch Fachfirmen minimiert Risiken und erleichtert die Genehmigung.
- Musterlösungen: Die Einigung auf einheitliche Modelle der kleinen Solaranlagen kann die Akzeptanz fördern.
Fallbeispiele aus der Praxis: Entscheidungen zu Balkonkraftwerken
Auch wenn Balkonkraftwerke seit der Gesetzesänderung als privilegierte bauliche Veränderungen gelten, sind ältere Gerichtsurteile dennoch relevant. Sie verdeutlichen, wie die Interessen von Eigentümern und Wohneigentümergemeinschaften vor der Änderung abgewogen wurden. Die neue Gesetzeslage hat den rechtlichen Rahmen zwar verändert, gewisse Aspekte bleiben jedoch weiterhin relevant – insbesondere bei der Bewertung von Beeinträchtigungen oder Sicherheitsfragen.
Gerichtsurteile und ihre Bedeutung in der neuen Gesetzeslage
1. Landgericht Frankfurt am Main (Az.: 2-13 S 54/23)
In diesem Fall wurde ein Balkonkraftwerk entfernt, da es ohne die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft installiert wurde.
Nach der Gesetzesänderung: Auch heute muss eine Eigentümergemeinschaft über die Installation informiert werden, und formelle Prozesse, wie die Relevanz in der Eigentümerversammlung, bleiben wichtig. Der Unterschied besteht darin, dass die Gemeinschaft eine Genehmigung nur verweigern kann, wenn erhebliche Beeinträchtigungen vorliegen.
2. Amtsgericht Konstanz (Az.: 4 C 369/22)
Das Gericht entschied, dass die optische Beeinträchtigung des Gebäudes ein ausreichender Grund war, die Installation zu untersagen.
Nach der Gesetzesänderung: Mit der neuen Gesetzgebung ist eine Ablehnung nur dann möglich, wenn die optische Veränderung als erhebliche Relevanz einzustufen ist. Leichte Beeinträchtigungen, wie sichtbare Solarmodule auf der Balkonrüstung, reichen nun nicht mehr aus, um eine Genehmigung zu verweigern.
3. Amtsgericht Hamburg-St. Georg (Az.: 980b C 37/23 WEG)
Hier forderte das Gericht umfassende Informationen zur technischen Sicherheit der Anlage, bevor eine nachträgliche Genehmigung erfolgen konnte.
Relevanz nach der Gesetzesänderung: Auch unter der aktuellen Gesetzeslage bleibt die Sicherheit der Installation ein wichtiger Punkt. Eigentümer sollten technische Details und Sicherheitsmaßnahmen transparent darlegen, um die Zustimmung der Gemeinschaft zu erleichtern.
Die neue Gesetzgebung hat den Prozess zur Genehmigung von Balkonkraftwerken für Eigentümer erheblich erleichtert. Dennoch zeigt die Analyse älterer Urteile, dass Aspekte wie Sicherheit, optische Beeinträchtigungen und der Umgang mit dem Gemeinschaftseigentum auch künftig zentrale Punkte in der Diskussion bleiben. Die Eigentümergemeinschaft kann zwar nur in Ausnahmefällen Einwände erheben, jedoch sollten Eigentümer ihre Pläne gut dokumentieren und konsequent kommunizieren, um Konflikte zu vermeiden.
Nachdem die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Vor- und Nachteile von Balkonkraftwerken beleuchtet wurden, bleibt ein weiterer entscheidender Punkt: die Absicherung gegen mögliche Risiken. Sowohl für Eigentümer als auch für die Eigentümergemeinschaft spielt der Versicherungsschutz eine wesentliche Rolle, um Schäden und Haftungsfragen klar zu regeln. Daher ist es wichtig, sich mit den Versicherungsaspekten genauer auseinanderzusetzen.
Versicherungsaspekte
Die Installation eines Balkonkraftwerks hat auch Auswirkungen auf den Versicherungsschutz. Wohngebäudeversicherungen müssen über bauliche Veränderungen informiert werden, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden. Auch die Haftpflichtversicherung sollte vom Eigentümer darüber in Kenntnis gesetzt werden. So sollten Schäden, die durch solch eine Mini-Photovoltaik-Anlage entstehen könnten, abgedeckt sein.
Wichtige Aspekte:
- Wohngebäudeversicherung: Hier muss die Installation eines Balkonkraftwerks berücksichtigt werden.
Änderung des Risikoprofils:
Balkonkraftwerke können Risiken wie Brandgefahr oder Schäden durch unsachgemäße Installation mit sich bringen. Versicherer möchten solche Veränderungen kennen, um sicherzustellen, dass der bestehende Versicherungsschutz angepasst wird, falls notwendig.
Vermeidung von Deckungslücken:
Wird die Versicherung nicht über die Installation informiert, könnte der Versicherungsschutz im Schadensfall gefährdet sein, z. B. wenn durch das Balkonkraftwerk ein Feuer oder ein Kurzschluss ausgelöst wird.
Pflicht zur Mitteilung:
Viele Versicherungsverträge sehen vor, dass bauliche Veränderungen am Gebäude gemeldet werden müssen. Speziell im Fall des Balkonkraftwerkes müssen das Baujahr der Anlage, der Anschaffungspreis und die Leistung in Kilowatt (kW) der Versicherung mitgeteilt werden.
- Private Haftpflichtversicherung: Absicherung gegen externe Risiken
Neben der Gebäudeversicherung ist die private Haftpflichtversicherung wesentlich, um Schäden abzusichern, die durch das Balkonkraftwerk bei Dritten entstehen können. Sie ergänzt den Schutz für Eigentümer, indem sie finanzielle Risiken abdeckt, die über das eigene Eigentum hinausgehen.
Wichtige Punkte:
- Schutz vor Schäden an Dritten: Balkonkraftwerke können unter bestimmten Umständen Schäden bei anderen Personen oder deren Eigentum verursachen.
Beispiele:
- Ein Solarmodul löst sich durch starken Wind und beschädigt ein Nachbarfahrzeug.
- Ein technischer Defekt verursacht einen Kurzschluss, der die Stromversorgung im Nachbargebäude beeinträchtigt.
- Abwehr unberechtigter Klagen: Die Haftpflichtversicherung schützt Eigentümer auch vor unberechtigten Schadensansprüchen. Sollte jemand behaupten, dass Ihr Kraftwerk einen Schaden verursacht hat, übernimmt die Versicherung die Prüfung und Abwehr der Klage.
„Die Installation eines Balkonkraftwerks kann eine großartige Möglichkeit sein, nachhaltig Strom zu erzeugen, erfordert jedoch eine sorgfältige Abstimmung mit der Wohngebäudeversicherung. Eigentümer sollten sicherstellen, dass ihre Versicherung über die bauliche Veränderung informiert wird, um im Schadensfall optimal abgesichert zu sein“, sagt Kevin Klöber, Geschäftsführer und Experte für Gebäudeversicherung.
Vermieter und Mieter: Balkonkraftwerke im Mietverhältnis
Auch im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter spielt die Installation von Balkonkraftwerken eine immer größere Rolle. Grundsätzlich dürfen Mieter nicht ohne Zustimmung des Vermieters bauliche Veränderungen an der Wohnung oder dem Balkon vornehmen. Die Mini-Solaranlage könnte jedoch in vielen Fällen als bauliche Veränderung gelten, da sie das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes beeinflussen oder mit Gemeinschaftseigentum verbunden sein kann.
Für Mieter, die eine solche Anlage auf dem Balkon installieren möchten, ist es daher ratsam, vorab die Zustimmung des Vermieters einzuholen. Hierzu sollte ein schriftlicher Antrag gestellt werden, der detaillierte Informationen zur Installation und die technischen Eigenschaften der Anlage enthält. Vermieter, die der Installation zustimmen, können zusätzliche Anforderungen stellen, etwa dass die Anlage fachgerecht wird oder eine Haftpflichtversicherung für mögliche Schäden abgeschlossen wird.
Wichtig für Vermieter:
Ein Balkonkraftwerk kann den Wert der Immobilie steigern, birgt jedoch auch potenzielle Risiken, wie Schäden an der Bausubstanz oder erhöhte Wartungskosten. Daher sollte der Vermieter prüfen, ob zusätzliche Versicherungen oder Klauseln im Mietvertrag erforderlich sind, um mögliche Haftungsfragen zu klären.
Dieses Zusammenspiel zwischen Mietern und Vermietern zeigt, wie wichtig klare Kommunikation und rechtliche Abstimmungen sind, um Konflikte zu vermeiden und nachhaltige Energielösungen voranzutreiben.
Fazit: Balkonkraftwerke als Chance mit Regeln
Balkonkraftwerke bieten eine umweltfreundliche und kostensparende Möglichkeit, Strom zu erzeugen, stellen jedoch auch Anforderungen an die rechtliche und technische Abstimmung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Änderungen des Gesetzes haben die Genehmigung erleichtert, erfordern jedoch weiterhin sorgfältige Planung und Kommunikation. Eigentümer und Hausverwaltungen sollten gemeinsame Lösungen finden, die den Interessen aller gerecht werden.
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