Häufig sind Gesetzesregelungen für Laien keine leichte Kost, wenn es um Verständlichkeit und die Übertragung in die Praxis geht – davon ist das neue Wohnungseigentumsgesetz (WEG) keine Ausnahme. Wir erklären Ihnen die wesentlichen Änderungen der WEG-Reform, die für Verwalter und Wohnungseigentümer besonders wichtig sind.
Streit führt zu Sanierungsstau
Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) bilden nach Privatpersonen die zweitgrößte Eigentümergruppe in Deutschland und zeichnen sich durch ihre hohe Komplexität aus. Die WEG stellt so manchen Beteiligten vor allem bei gemeinsamen Beschlussfassungen, die einen hohen finanziellen Aufwand mit sich bringen, vor Herausforderungen. Dann stößt die Bereitschaft zur Kompromiss- und Entscheidungsfindung innerhalb der Eigentümerversammlung oft an ihre Grenzen. Besonders die Beschlussfassung über bauliche Veränderungen führt bei vielen Eigentümergemeinschaften häufig zu Streitigkeiten darüber, ob das Dach wirklich saniert werden muss oder die Modernisierung der veralteten Wasserleitungen tatsächlich notwendig ist. Die Schwierigkeit bei der Entscheidungsfindung mehrerer beteiligter Parteien löst dabei nicht selten Sanierungsstaus am Gemeinschaftseigentum aus. Deshalb sind gesetzliche Regelungen und klare Vorgaben notwendig, um die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums für alle Beteiligten möglichst reibungsfrei gestalten zu können.
Ein Gesetz fast so alt wie die Bundesrepublik
Die erste Fassung des Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ist bereits am 20. März 1951 in Kraft getreten.
Die Grundlage hierfür ist das Wohnungseigentumsgesetz, in seiner ursprünglichen Fassung aus dem Jahr 1951 und damit fast 70 Jahre alt, das die Begründung und Verwaltung des Wohnungseigentums, die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sowie das Wohnungserbbaurecht regelt. Einfach gesagt: Das Gesetz schafft die Basis für das Zusammenleben mehrerer Parteien in einem Wohngebäude und bildet die rechtliche Grundlage für die gemeinschaftliche Immobilienverwaltung.
Wohnungseigentümergemeinschaften haben es lange herbeigesehnt: Das durch Bundestag und Bundesrat beschlossene Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) gilt nun seit 1. Dezember 2020 und beinhaltet zahlreiche Neuregelungen, die entsprechend viele Veränderungen für WEG-Verwalter und Wohnungseigentümer mit sich bringen. Das Gesetz wurde umfassend unter dem vollen Namen „Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften“ reformiert.
Die wesentlichen Änderungen auf einen Blick
1. Eigentümerversammlungen
Vor der WEG-Novelle galt die Eigentümerversammlung nur als beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Miteigentumsteile vor Ort anwesend waren.
Mit der Reform entscheidet künftig bei allen Beschlüssen die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wobei jeder Wohnungseigentümer eine Stimme hat. Nicht nur die Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung wird durch die WEG-Reform effektiver gestaltet, auch wird sie insofern aufgewertet, als dass sie künftig immer beschlussfähig und nicht mehr abhängig von der Anzahl der vor Ort anwesenden Mitglieder ist. Vor der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes mussten mehr als die Hälfte der Miteigentumsteile anwesend sein (Beschlussfähigkeitsquorum); dies ist nun aufgehoben und die Eigentümerversammlung gilt als beschlussfähig, solange mindestens ein Mitglied anwesend ist. Die Einladung kann mit einer Frist von nun drei statt zwei Wochen vor dem angesetzten Termin elektronisch erfolgen und auch die Versammlung selbst kann mittels geeigneter elektronischer Telekommunikationsmitteln digital als Präsenzveranstaltung stattfinden. Ein Beschluss ist darüber hinaus auch ohne Versammlung gültig, wenn die Eigentümer ihre Zustimmung in Textform erklären.
2. Bauliche Veränderungen
Mit baulichen Änderungen sind Modernisierungs- und modernisierende Instandsetzungsmaßnahmen gemeint, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des Gemeinschaftseigentums hinausgehen. Ein Beschluss der Eigentümerversammlung ist dabei in jedem Fall notwendig. Um die Entscheidung über bauliche Änderungen zu erleichtern und zu verhindern, dass einzelne Mitglieder die Beschlussfassung blockieren, kann der Beschluss seit der Reform mit einfacher Mehrheit erlassen werden. Insbesondere Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität, wie das Anbringen einer Lademöglichkeit für E-Autos, zur Förderung von Barrierefreiheit und Einbruchsschutz sowie dem Ausbau moderner Telekommunikationstechnik (Anschluss an das Glasfasernetz), sollen dadurch vorangebracht werden.
3. Zahlungspflichten
Grundsätzlich kann jeder Eigentümer von der WEG verlangen, dass ihm solche baulichen Änderungen gestattet werden, wobei er die Kosten des Umbaus selbst tragen muss und ihm im Anschluss die alleinige Nutzung der Neuerungen zusteht (zum Beispiel im Fall der Elektro-Ladestation). Ansonsten werden der finanzielle Aufwand und die Nutzungsrechte laut Wohnungseigentumsgesetz entsprechend dem Verhältnis ihrer Anteile denjenigen Eigentümern zugesprochen, die für die bauliche Änderung gestimmt haben. Wenn ein Beschluss mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen entschieden wurde, werden die Kosten von allen Wohnungseigentümern nach dem Verhältnis ihrer Anteile getragen. Dies gilt auch, wenn sich die Kosten innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren, sprich die ursprüngliche finanzielle Aufwendung sich durch die entstehenden Erträge decken wird.
4. Befugnisse des Verwalters
Hausverwalter erhalten künftig stärkere Befugnisse, müssen aber auch höhere fachliche Anforderungen erfüllen.
Der Verwalter ist der uneingeschränkte gesetzliche Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Der bisherige Pflichtenkatalog seiner Tätigkeit ist im neuen WEG allerdings nicht mehr vorgesehen. Der Verwalter ist nun ganz allgemein ausgedrückt, gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft berechtigt und verpflichtet, Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen. Durch die WEG-Reform erhalten Hausverwalter somit stärkere Befugnisse und größere Verantwortung. Kleinere Arbeiten oder Anschaffungen können Sie nun auch ohne Beschluss der Eigentümerversammlung vornehmen. Dies fand vor der Reform in einer Art Grauzone statt: Theoretisch hätte der Hausverwalter selbst bei kleinsten Besorgungen, wie einem Besen oder einer Harke, die Eigentümergemeinschaft um Erlaubnis fragen müssen, was in der Praxis eher die Ausnahme, als die Regel darstellte. Mit der WEG-Novelle handeln Hausverwalter künftig in einem angemessenen Rahmen eigenständig und gesetzeskonform. Die Wohnungseigentümer können die Rechte und Pflichten des Verwalters allerdings jederzeit erweitern oder einschränken. Darüber hinaus können sie ihn auch ohne triftigen Grund jederzeit abberufen.
5. Zertifizierter Verwalter
Mit den stärkeren Befugnissen steigen auch die Anforderungen an den Verwalter. Über viele Jahre stand die Forderung an den Gesetzgeber im Raum, einen verpflichtenden Nachweis für die Sachkundigkeit des Verwalters im Wohnungseigentumsgesetz zu verankern. Nach einer Übergangszeit von zwei Jahren ist ab Dezember 2022 nur noch der „zertifizierte Verwalter“ ordnungsgemäß. Alle Verwalter, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der WEG-Novelle zum 1. Dezember 2020 bereits bestellt waren, behalten ihren Status bis zum 1. Juni 2024. Als zertifiziert gilt künftig, wer eine Prüfung bei der zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) absolviert hat und entsprechende rechtliche, kaufmännische und technische Kenntnisse nachweisen kann. Nähere Bestimmungen des Zertifizierungsverfahrens, wie Prüfungsmodalitäten und –inhalte werden vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz noch festgelegt.
Wer bereits eine abgeschlossene Ausbildung zum Immobilienkaufmann oder einen Hochschulabschluss mit Schwerpunkt Immobilienwirtschaft nachweisen kann, gilt als qualifiziert, ebenso wie Volljuristen. Die seit August 2018 geltende Weiterbildungspflicht für Immobilienverwalter bleibt von der Zertifizierung unangetastet. Verwalter müssen weiterhin innerhalb von drei Kalenderjahren 20 anerkannte Weiterbildungsstunden nachweisen und der zuständigen Behörde auf Nachfrage Auskunft darüber erteilen. Allerdings hat der Gesetzgeber eine Hintertür offen gelassen, da eine Zertifizierung durch die IHK keine gewerberechtliche Voraussetzung für die Erlaubniserteilung der zuständigen Gewerbebehörde ist (§ 34c Abs. 1 Nr.4 Gewerbeordnung) und Verwalter ihre Arbeit somit auch ohne Zertifikat ausüben könnten.
Weiterbildung regional und individuell:
Sind Sie selbst Verwalter einer Eigentümergemeinschaft und interessiert an detaillierteren Einblicken in das neue Wohnungseigentumsgesetz? Dann informieren Sie sich gerne über die Veranstaltungsreihe STAY FRESH Konferenz unseres Kooperationspartners HKK Event. STAY FRESH Konferenz ist eine Weiterbildungsreihe für Immobilienverwalter, die sich in Zusammenarbeit mit Referenten aus der Praxis mit aktuellen Themen der Branche auseinandersetzt und auf die individuellen Fragen von Verwaltern eingeht. Mit der Teilnahme an der Veranstaltung sammeln sie drei vom Verband der Immobilienverwalter Hessen geprüfte Weiterbildungsstunden nach §15 MABV (Makler- und Bauträgerverordnung). Besuchen Sie für weitere Informationen die STAY FRESH Konferenz.
Vorschau auf den nächsten Artikel
Welche Risiken die Weihnachtszeit und der Jahreswechsel aus versicherungsrechtlicher Perspektive mit sich bringen und wie Sie bestmöglich für den Schadenfall vorsorgen, zeigen wir Ihnen im kommenden Artikel, bald hier auf unserem Klöber Blog.